Die Trolle, die ich rief…

Club Volt: Troll Attack! (via Alp, krit.de, ronsens)

Shit happens, um auf der Toilette zu bleiben.

Nach der Lektüre von Lovinks Aufsatz, A und Lorenz-Meyers Kommentar, B hier in ungeordneter Reihenfolge meine Gedanken.

Ich freue mich diebisch, das es selbst die geballte Erfahrung des ‘Who’s Who der deutschsprachigen Medienkünste’ (A) nicht fertigbekommt, mit ein paar Trollen fertig zu werden. Da mache ich mir direkt weniger Sorgen und die Heise-Foren und /. (siehe auch Quit Slashdot.org Today!). Davon mal abgesehen, kann ich nun auch wieder beruhigter schlafen, wenn jemand in meinen Foren trollt: ‘Will man ihnen jedoch nicht die Macht im gemeinsamen Raum überlassen, bleibt keine andere Wahl, als die Verantwortung für das Geschehen in die eigene Hand zu nehmen und Macht auszuüben.’, (B).

Damit denn auch direkt zum zweiten Punkt: wer glaubt, um eine Mailingliste oder ein Forum zu moderieren genüge es, sich mit den technischen Werkzeugen vertraut zu machen, der irrt. Es geht vielmehr um die menschlichen Tücken sozialer Systeme. Wie mein Professor immer sagt (und damit angeblich seine Großmutter zitiert): ‘Es menschelt’. Technik oder Technologie ist nur das Pferd, auf dem man sitzt. Es kommt aber darauf an, reiten zu können, nicht, das beste Pferd unter sich zu haben.

Nachdem es gerade um ein neues Feature für die neue phpBB-Version ging, gab es auch hier wieder Diskussionen um den Sinn und Unsinn solcher ‘community driven’ Techniken, Trolle auf lange Sicht auszuschließen bzw. ihnen den Spaß zu nehmen.

Da gibt es zum einen den Karma-Ansatz (siehe Links oben). Doch leider kann gerade diese Sache böse enden: zum einen in den Händen eines unfähigen Administrators, zum anderen in den Händen einer Meute Trolle. Eine elitäre Clique von Admins und Moderatoren kann hier genauso schädlich sein wie 20 Troll-Accounts, die sich gegenseitig hochpuschen und die anderen drücken.

Eine andere, wesentlich subtilere Methode stellt TARB dar. Die üblichen Methoden des Verwarnens oder -bannens haben den Nachteil, das der betroffene Benutzer diese Aktionen bemerkt: er bekommet eine Warn-E-Mail oder das System erzählt ihm beim Einloggen, das er ausgesperrt wurde. TARB hingegen tut nichts dergleichen: statt den Benutzer merken zu lassen, das estwas mit ihm (seinem elektronischen alter ego) geschehen ist, gaukelt es ihm völlige Normalität vor. Doch seltsam, seine Beiträge werden überhaupt nicht beachtet, alle Flame-Versuche, Beleidigungen und und und zeigen keinerlei Reaktion… Kein Wunder, denn TARB zeigt nur dem Bösewicht seine Beiträge an, sonst sieht sie (außer den Administratoren) niemand. Das Tolle daran ist eigentlich nichtmal die Umsetzung, sondern die Idee: statt es dem Spammer mit schlauen Worten und edlen Taten heimzuzahlen, machen wir uns einfach seine Boshaftigkeit zu eigen und Schlagen ihn mit seinen eigenen Mitteln. Fies, gut und effektiv.

Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Wer das Heise-Forum liest (es genügt dazu, den Bereich der News zu verfolgen), der wird feststellen, das die Einführung der ++, +, -, — Bewertungen nur zu noch skurileren Stilblüten geführt hat (mal abgesehen von den Reminiszenzen an 1984…). Warum? Weil all diese Bewertungen öffentlich sind und die Trolle nun um die schlechtesten Bewertungen wetteifern. Ganze Websites sind zu diesem Thema bereits entstanden (Heise-FAQ bei thewalrus, Das Trollvoting bei funkbase oder DocSnyder’s Forum).

Diese Auswüchse resultieren aus der öffentlichen Bekanntgabe von Votes, Karmas oder wie auch immer man das ganze nennt. Das TARB-Tool verhindert sowas. Keine Diskussion, kein Gerangel um die meisten Einträge im Killfile der anderen. Statt dessen ein stiller und kommentarloser Abgang.

TARB ist sicher nicht das Allheilmittel, vor allem wenn es von inkompetenten, übertrieben vorsichtig oder einfach nur unerfahrenen Administratoren genutzt wird. Dann verkehrt es sich zu seinem Gegenteil und wird zu einer gefährlichen Waffe, die tatsächlich Zensur bedeutet. Vor allem funktioniert es nur in geschlossenen Foren, da in offenen Foren der geTARBte jederzeit sehen kann, das seine Beiträge unsichtbar sind. Alternativ könnten sie nur für angemeldete Benutzer unsichtbar sein. Ein guter Ansatz also, aber kein perfekter.

Grundsätzlich sollte aber jeder, der an einer (virtuellen) Diskussion, sei es in einer Mailingliste, einem Forum, dem Usenet oder einem Chat teilnimmt, sich zunächst zurücknehmen und die erste Zeit nur zuschauen, um ein Gefühl für Umgangston, Etikette und Inhalte in dem betreffenden Medium zu bekommen. Denn was in Mailingliste/Kneipe 1 völlig normal ist, kann in Mailingliste/Kneipe 2 zum sofortigen Ausschluss führen; FAQ sind zum Lesen da, nicht zum Überlesen.

Ich möchte jetzt nicht abdriften, daher Schluss für heute, ist eh wieder viel zu spät geworden.

4 comments

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