Einige von uns sind sicher jung genug, um sich noch zu erinnern, wie das war, als man zum ersten Mail eine Einladung zu einem Meeting in der Inbox hatte. Einige von uns sind sicher alt genug, um zu wissen, wie nutzlos die meisten Meetings sind.
2009 habe ich einen sehr schönen Artikel von Paul Graham gelesen, “Maker’s Schedule, Manager’s Schedule”:
Most powerful people are on the manager’s schedule [1 hour intervals]. It’s the schedule of command. But there’s another way of using time that’s common among people who make things, like programmers and writers. They generally prefer to use time in units of half a day at least. You can’t write or program well in units of an hour. That’s barely enough time to get started.
Nach der Lektüre habe ich mir zwei Nachmittage pro Woche in Lotus Notes geblockt, dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr. Einigen Kollegen war das egal. Sie mussten lernen, dass ich in dieser Zeit keine Termine annehme. Im Ergebnis hatte ich zwei mal vier Stunden Ruhe. Auch ans Telefon bin ich in aller Regel nicht gegangen — ok, eigentlich hätte ich es direkt auf Voicemail umstellen sollen, aber die höre ich sehr ungern ab und benutze sie daher nicht.
Diese acht Stunden waren immer sehr produktiv, vor allem aber habe ich sie wirklich gebraucht. Zwei andere Top-to-bottom-Initiativen waren vorher gescheitert: a) Termine statt halbstündig oder stundenweise nur 20- oder 50-minütig anzusetzen und b) am Mittwoch gar keine Termine zu vereinbaren. Beides ist grandios schief gegangen.
Von der Minus-10-Minuten-Regel wussten zunächst nicht alle Mitarbeiter. Als es dann endlich alle wussten, war man schon wieder zur Normalität
zurückgekehrt. Der freie Mittwoch wurde dankbar angenommen und mit Terminen gepflastert — da hatten ja alle Zeit.
Insofern war ich Paul für seinen Artikel sehr dankbar, weil er mir die Möglichkeit aufzeigte, wie ich mir meine Zeit besser einteilen kann. Ein anderes Takeaway ist ein sich jeden Tag wiederholender Block morgens von 9 bis 10 Uhr. Um diese Zeit bin ich für Meetings sowieso unbrauchbar und möchte nur Kaffee und Mails.
Gerade bin ich auf einen TEDx-Talk von Jason Fried gestoßen (danke Johannes). Jason geht rabiater an die Sache heran. An No-talk-thursdays herrscht für einen halben Tag Schweigen im Büro. Aimed high :-)
Noch deutlicher als Paul geht Jason auf die Ablenkungen im Arbeitsalltag ein. Dazu gehören nicht nur geplante Meetings, sondern vor allem nicht geplante. Du bist gerade dabei ein komplexes Problem zu verstehen. Da kommt jemand (in aller Regel ein Manager, um in Jasons Setting zu bleiben) und fragt, ob du mal kurz Zeit hast. Erstens: Aus kurz wird meistens länger. Zweitens: Danach fängst du mit deiner Arbeit wieder von vorne an.
Das ist bei Paul schon ein wichtiger Punkt, den Jason aber verständlicher darstellt. Er vergleicht Arbeiten mit Schlafen. Beides geschieht in Phasen, die nach einander erreicht werden. Wird man in Phase drei gestört, muss man wieder bei Phase eins anfangen.
Es geht bei alldem aber nicht nur um Produktivität. Es geht um Langzeitmotivation. Verlasse ich das Büro Tag für Tag mit dem Gedanken, heute schon wieder zu nichts gekommen zu sein, oder gehe ich in dem Wissen nach Hause, etwas geleistet zu haben? Ich persönlich fühle mich mit letzterem besser.
Es ist die Aufgabe der von Jason und Paul (zu Recht) gescholtenen Manager (gleich welcher Hierarchiestufe) genau dafür zu sorgen. Ich hatte bislang einige Male das Glück, solche Chefs zu haben. Und hoffentlich, sollte ich jemals Chef von irgendjemandem sein, kann ich diese Aufgabe meistern.
Update: Auch eine gute Idee. Michael Hyatts Not To-Do List.
Update 2: Cal Newport nennt es “Getting Creative Things Done”. Danke für den Hinweis an Steffi. Nun hat’s also auch einen Namen … Ich nenne es “Getting Gedöns Done”.
Bild: Zach Klein, CC-BY-NC
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