Das Verlagsgeschäft mit Inhalten

Ja, die Preise für Informationen werden sehr viel geringer sein als in der Vergangenheit. Aber ab einem gewissen Punkt werden wir uns daran gewöhnen müssen, für hochwertige News wieder zu bezahlen. #

Wieso “wieder”?

Ich halte es da eher mit Paul Bradshaw:
[slideshare id=1553004&doc=userspaulbradshawdesktopmakingmoneyfromcontent-090609041028-phpapp01]

How to make money from content.

You can’t.

You won’t.

You never did anyway.

Zusammengefasst: Nicht die Inhalte machen (im Massenmarkt) den Umsatz, sondern das Angebot drum herum. Entscheidend aber ist die Wertigkeit für den Nutzer/Kunden/Käufer. Andreas (Autor des oben verlinkten Artikels bei netzwertig.com) hat allerdings Recht, wenn er niedrigere Preise für breit abzusetzende Produkte fordert: einmal produziert, kosten digitale Inhalte (fast) nichts mehr.

Aber eben nur fast, und hier wiederrum irrt Andreas. Wir reden vom Web, einen ständigen Erneuerungen ausesetzten Medium.

Das betrifft den Punkt, den vor allem Verlage noch nicht begriffen haben: Wir produzieren online keine Bücher. Ein Buch kann ich von vorne bis hinten durchplanen und produzieren — am Ende steht es fix und fertig im Regal.

Websites und alles was um sie herum geschieht sind aber Dauerbaustellen. Eine Website ist nie fertig, Angebote wie Gadgets und Widgets richten sich nach aktuellen Trends und Möglichkeiten. Heute das Widget für Vista, morgen muss ein Update für Windows 7 her und übermorgen brauchen wir eine Anpassung für unsere Paymentprovider.

Zugegeben, Andreas Artikel zielt vor allem auf Zeitungen und Zeitschriften ab. Aber auch Buchverlage sind in der Situation, von Print zu Online umdenken zu müssen — und neue Produkte auf den Markt zu bringen.

Dass es für größere Häuser und Gruppen ein bisschen einfacher sein könnte als für den Wald-und-Wiesen-Verlag mag stimmen. Aber welche vermarktbaren Online-Produkte kann ein großer Belletrist anbieten?

eBooks (eletronische Abfallprodukte):
Je früher ein Verlag in seinen Herstellungsprozessen eBooks berücksichtigt, desto besser. Dazu gehört neben Know-How auch eine gewisse Investition. So langsam aber sicher sollte das Thema ganz oben in den Verlagen ankommen — und dort hoffentlich die richtigen Entscheidungen getroffen werden.

Zusatzmaterial (vieles Abfall, manches anders, einiges neu):
Autoren-Interviews, Hintergrundgeschichten, Linklisten, Grafiken und Bilder… Und das ganze bitte in einer Form die es den Nutzern ermöglicht, es tatsächlich zu benutzen. DRM ist vielleicht ne nette Idee im Geschäftskundenumfeld, aber für Private: Nein Danke.

Dienste:
Newsletter verhalten sich zu Marken wie Scheibenwischer zu Autos: Natürlich bietet man sie an. Onlineshops! Nicht so einfach, der Buchhandel ist ein unfairer Partner. Gleiches gilt für die Grossisten. Wie lange das noch gut geht? Wie lange können es sich Verlage noch leisten, immer billiger (Arbeit & Material) zu produzieren um gleich zwei Parasiten durchzufüttern? Teurere Produkte jedenfalls sind keine Lösung, wenn man verhindern möchte, dass Bücher demnächst zu reinen Geschenkartikeln verkommen.

Marken:
In spätestens fünf Jahren werden Verlage starke Onlinemarken brauchen. Dazu gehören state-of-the-art Websites und Informationsdarbietung. Textwüste ade. Informationsdesign und -architektur im Zusammenspiel mit passender Zielgruppenansprache müssen her. Einfach gefordert, schwer umzusetzen, vor allem wenn die Verlage weiterhin auf externe Dienstleister vertrauen. Bei einer AKEP-Podiumsdiskussion auf der Buchmesse 2008 sagte ich:

Carlin hält dagegen: “Ich warne vor gefährlichem Halbwissen.” Jeder Verlag solle ausgebildete Techniker beschäftigen, um über entsprechende Kompetenzen im Haus zu verfügen. #

Damals wurde argumentiert, dass sich vor allem kleine Verlage das nicht leisten könnten. Mag sein. Aber Kernkompetenzen auszulagern ist keine gute Idee. Und damit zum letzten Punkt.

Personal:
Wertfrei formuliert war es eine Notlösung, Mathelehrer in einem Vierwochen-Kurs zu Informatiklehrern zu machen. Deswegen hilft es zwar ein bisschen, Mitarbeiter auf Web-Schulungen zu schicken. Es führt aber kein Weg daran vorbei, Experten ins Unternehmen zu holen. In welchem Verlag sitzen denn in der Herstellung per Schnellkursus umgeschulte Redakteure — oder gar umkehrt?

Verlage und Gruppen müssen Online-Kompetenz aufbauen und sie mit Entscheidungsbefugnis ausstatten. Nach außen kommunizierte Launchtermine für noch in der Entwicklung befindliche Online-Angebote? Webdesign vom Buchcoverspezialisten?

Hmm. Dieser Post ist länger geworden als geplant. Wahrscheinlich steckt er voller kleiner Fehler und Irrtümer — na klar, wohin die Reise wirklich gehen wird kann niemand wissen. Meine Sicht der Dinge habe ich dargelegt. Natürlich gibt es auch andere ;)

2 comments

  1. Pingback: Sascha

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert