Die Blogstudie2007 der Uni Leipzig (in Person von Janine Bogosyan, die mit der Studie ihr Bachelor-Studium abschließt, und Ansgar Zerfaß als betreuendem Professor), die in Zusammenarbeit mit Isabella Silberberger von Ask.com erstellt wurde, befragte 605 Personen zu ihrer Blog-Nutzung. Abgesehen von der eher kleinen Stichprobe (die “Wie ich blogge”-Studie von 2005 basierte auf einer Stichprobe von n=5246, und ihre direkte Nachfolgestudie “Stabilität und Dynamik von Weblog-Praktiken” von 2006 auf immerhin n=1439 [beide von der Fonk Bamberg]) unterscheidet die beiden Studien vor allem die Zielsetzung. Während Schmidt und Wilbers Blogautoren und ihr Verhalten untersuchen, interessieren sich Bogosyan und Zerfaß für Nutzung, Glaubwürdigkeit und Auffindbarkeit von Blogs. Beide Studien enthalten Daten von reinen Lesern bzw. aktiven Bloggern, wenn auch in umgekehrten Verhältnissen.
Eines der Ergebnisse der Blogstudie 2007 ist die Unterteilung von Blognutzern (mit diesem Begriff sind sowohl aktive Blogger als auch reine Blog-Leser gemeint) in fünf Klassen: Selbstsdarsteller (17,7%), Informationssucher (18,9%), Aktive Konsumenten (22,8%), Wissensdurstige (23,7%) und Social Networker (17,7%).
Die Unterscheidung zwischen Informationssuchern und Wissensdurstigen ist nicht ganz klar. Zu den Wissensdurstigen heißt es:
Sie nutzen Blogs in erster Linie um Hintergrundinformationen zu suchen; klassischen Medien trauen sie weniger als anderen Gruppen.
Informationssucher werden gemeinsam mit Aktiven Konsumenten so beschrieben:
Zwei weitere Gruppen sind die „Informationssucher“ (18,9 Prozent) und die „Aktiven Konsumenten“ (22,8 Prozent). Sie sind auf der Suche nach aktuellen Nachrichten bzw. Produktinformationen.
Das Unterscheidungskriterium scheint das Mißtrauen “klassischen Medien” gegenüber zu sein. Eventuell hätte man statt dem Begriff “Wissensdurstige” etwas präganteres wie “Medienkritische Konsumenten” wählen können, wenn das Mißtrauen “klassischen Medien” gegenüber das Unterscheidungskriterium zwischen diesen beiden Klassen ist.
Weiterhin interessant sind die Ergebnisse zu den Nutzungsmotiven von Bloggern und Nur-Lesern (S. 6) und der Bedeutung bzw. Glaubwürdigkeit von Blogs. 55,4% der Befragten gaben an, […] dass Bloginhalte Einfluss auf die öffentliche Meinung haben […], wobei Corporate Blogs nur von 28,9% genutzt würden, um sich ein Bild über aktuelle Entwicklungen zu machen oder Hintergründe zu erfahren. Korrelierend dazu vertrauen 26,4% Corporate Blogs bzw. den Inhalten solcher Blogs nicht. Den besten Ruf genießen Fach- und journalistische Blogs. Leider klärt die Studie nicht auf, woran das liegt. Schuss ins Blaue: Corporate Blogs werden als verlängerter Arm der Marketingabteilung wahrgenommen und auf eine Ebene mit Werbungekampagnen gestellt. Zerfaß identifiziert in einem Artikel für die ZEIT immerhin zehn Corporate Blog-Typen. Schade, dass diese Unterscheidung in der Blogstudie 2007 nicht aufgegriffen werden.
Ebenfalls schade ist die fehlende Untermauerung der fünf benutzten Blog-Typen. So ist nicht klar, wo genau die Grenze zwischen einem journalistischen und einem Fach-Blog verläuft. Gleichfalls schwammig die Unterscheidung von Medienblogs (Medienblogs etablierter Zeitschriften und Sender) und Corporate Blogs.
Der eigentliche Kern der Studie ist aber — daher auch der Untertitel “Informationssuche im Internet — Blogs als neues Recherchetool (Ergebnisbericht)” — die Frage nach der Auffindbarkeit von Blogs. Hier unterstellen Bogosyan und Zerfaß Bloggern und Blog-Lesern Orientierungslosigkeit und Beliebigkeit. Sie würden andere Blogs durch Links in Blogs finden (70,1%) sowie durch Hinweise aus ihrem Umfeld (53,6%): Eine systematische Suche durch Suchmaschinen (41,5%) oder durch spezielle Blogsuchen (36,7%) bzw. Verweise in den Medien (34,3%) spielen eine geringere Rolle. Dabei unerwähnt bleibt sowohl die Identifizierung von 17,7% der Blognutzern als Netzwerker, als auch bereits aus der “Wie ich blogge”-Studie bekannte Tatsachen. So kommen Schmidt und Wilbers zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte aller aktiven Blogger eine sogenannte Blogroll mit Links auf solche Blogs führt, die sie selbst regelmäßig lesen. Gegenseitige Verlinkung scheint daher eine der hervorstechenden Merkmale von Blogs zu sein. In so fern ist das Auffinden anderen Blogs über solche Links weder orientierungslos noch beliebig, sondern medienimmanent.
Passend dazu befragt die Studie diejenigen Teilnehmer, die Blogs zwar kennen, aber nicht nutzen (7,5%, n=45) nach den Gründen ihrer Nicht-Nutzung. 47,8% sagen, sie hätten keinen Überblick über Blogs, 31,8% nutzen Blogs nicht, weil sie nicht wissen, wie man interessante Blogs findet.
68,3% der Blognutzer und 41% der Nichtnutzer geben weiter an, Blogs stärker bzw. überhaupt nutzen zu würden, wenn sie Blogs mit Suchmaschinen besser finden würden. Jeweils knapp unter 40% meinen, sich mit einem Blogmagazin, […] das analog zum TV-Programmheft den Weg durch
den Dschungel der interessanten und weniger aufregenden Blogs weisen könnte, besser zurechtfinden zu können.
Hier verbirgt sich ein weiterer Grund, diese Studie als reine Auftragsforschung zu betrachten. Befragt wurden angeblich Trendsetter und Heavy-User. Das solche Benutzer Werkzeuge wie Technorati, blugpulse, Bloglines (gehört ebenfalls IAC, dem Eigentümer von ask.com) oder Blogscout, nicht kennen, scheint mehr als unwahrscheinlich.
Seis drum, herzlichen Glückwunsch an Janine, die mit dieser Studie ihr Bachelor-Studium abschließt!
also wenn die unterschiede zwischen Informationssuchern, Wissensdurstigen und aktiven Konsumenten nicht besser rausgearbeitet bzw definiert hat, dann kann sie froh sein, das ein bachelor scheinbar nicht so hohe ansprüche ans wissenschaftliche arbeiten stellt.
bei einer dipl-arbeit hätte das heftige abzüge gegeben - und das nicht nur in der b-note.
Langsam langsam. Wer weiß, was alles außer den 13 Seuten Studienergebnis noch alles zu ihrer Abschlussarbeit gehörte. Ihr Thema lautete immerhin “Forschungssponsoring als PR-Instrument – Konzeptionelle Grundlagen und Umsetzung einer Blog-Studie für ask.com Deutschland”.
ich sage doch nicht, das sie nichts geleitet hat :-) ich sage nur, das gerade solche unschärfen bei einer dipl-arbeit alles anderes als positiv aufgenommen werden.
Jo. Wobei wir dann aber auch über den betreuenden Prof reden müssten, der immerhin als Autor (zumindest auf der publizierten Studie) mit draufsteht ;)
wobei das eine allgemeine unsitte ist. professoren lassen sich grundsätzlich bei jeder publikation ihrer “untertanen” mit drauf schreiben, ob sie da was zu beigetragen haben oder nicht. aber irgendwie müssen sie halt die zahl “ihrer” publikationen erhöhen.
Mein Prof hat das nicht gemacht und so weit ich weiß, ist an meinem ehemaligen Fachbereich immer so.
Abgesehen davon halte ich das auch für eine Unsitte — mir fallen da noch ein paar andere Begriffe ein, die ich hier lieber vermeiden möchte.
Obacht: Die Studie ist nicht die BA-Arbeit.