Me, myself and I

Mehr zum Thema demnächst” — na ich bin ja vielleicht ein Optimist. Nach sechs Jahren also … mehr zu sozialen Rollen.

Zu einer Rolle gehören Kompetenzen, Aufgaben und Verantwortungen. Rollen werden von Menschen ausgefüllt, so sagt man fast schon menschenfeindlich. “Sie füllen Ihre Rolle nicht aus” bedeutet, man wird den Erwartungen anderer nicht gerecht. Gerne zieht man sich auf den sicheren Boden der festgelegten Spielregeln zurück: “Das ist nicht meine Verantwortung”.

Menschen sind soziale Lebewesen, die sich in Gruppen am wohlsten fühlen. Zu Beginn unserer Evolution bildete eine einzige Gruppe unseren alleinigen Lebensmittelpunkt. Heute gehören wir heute vielen sozialen Gruppen an. Wir können sogar wählen, welchen Gruppen wir angehören möchten und welchen nicht. Manche wollen uns allerdings auch nicht haben.

Jede Gruppe hat eigene Verhaltensmuster, die sie ihren Mitgliedern aufzwingt. Das können auch weithin sichtbare Symbole sein. Entscheidend sind Verhaltensmuster und Symbole für die Abgrenzung der Gruppen untereinander. Siehe Hells’ Angels und Bandidos. Manche Symbole sind auch funktionaler Art, wie ein Arztkittel oder eine Bistroschürze. Die Wirkung von sichtbaren Symbolen ist nur gegeben, wenn sie sichtbar sind. Trägt die Ärztin am Wochenende einen Hausanzug, kann man ihr die Chirurgin wahrscheinlich nicht mehr ansehen.

Andere Symbole sind die Art und Weise des Umgangs miteinander. Der Mann, der auf dem Spielplatz das vom Gerüst gefallene Kind tröstet, ist wahrscheinlich sein Vater. Ein Pärchen hält einander bei den Händen oder küsst sich.

In jeder sozialen Gruppe existieren soziale Rollen und Regeln. Das können explizite Vereinbarungen sein, die sich an festgelegten Kompetenzen, Aufgaben und Verantwortungen entlang hangeln. Aber auch in anscheinend kaum regulierten Gruppen wie Freundeskreis oder Familie gelten Regeln und Grenzen, die nicht überschritten werden sollten und Rollen vorgeben. Im Beruf mag man dank seiner Rolle in der Lage sein, unliebsame Aufgaben an andere zu delegieren. Privat ist Samstag eben Putztag.

So viel zu den Rollen und was ich 2004 eigentlich noch sagen wollte :-) Jetzt zurück in die Gegenwart und zu Dirks Post über die Diskussion um die Aussagen des Chefs von Facebook, Mark Zuckerberg. David Kirkpatrick hat sie in einem Buch1 über das Unternehmen dokumentiert.

You have one identity… The days of you having a different image for your work friends or co-workers and for the other people you know are probably coming to an end pretty quickly … Having two identities for yourself is an example of a lack of integrity.

Es ist eine Sache, mit einem Kollegen über private Dinge zu sprechen. Allerdings ist er in diesem Moment eben kein Kollege, sondern ein Freund. Wir beide nehmen dann eine andere soziale Rolle ein (setzen „andere Hüte auf”, wie Dirk es formuliert). Mangelnde Integrität braucht man sich deswegen nicht vorzuwerfen.

Einen Versuch, soziale Rollen online erfahrbar zu machen, hat MOLI gewagt. Die Idee war, Profile für verschiedene Öffentlichkeiten zugänglich zu machen. Die Familie sieht die Babyfotos, Online-Kontakte die IM-Nicks und der Rest der Welt den neusten Blogeintrag. MOLI gibt es nicht mehr. Wenn mich mein Insider-Wissen nicht trügt, gab es ein Finanzierungsproblem. Das Konzept aber, das hat was …

Ich weiß nicht, ob Marks Prognose zutreffend ist und alle Öffentlichkeiten, alle sozialen Gruppen, in Zukunft verschwinden und durch die Öffentlichkeit ersetzt werden. Allerdings glaube ich nicht daran. Eine absolute Offenheit funktioniert nicht, schon allein, weil wir nicht jeden kennen.

Wenn Facebook es allerdings ernst meint, und zur identity infrastructure of the Internet2 wird, erhält jedes Individuum das Potenzial, jeden kennenzulernen. Das gilt für nicht für diejenigen, die nicht online sein können oder wollen. Es mag ja sein, dass Unternehmen tatsächlich dazu übergehen könnten, statt der social security number das Facebook-Profil zu akzeptieren. Das kann sich zumindest David vorstellen. Aber außerhalb der USA …

In den letzten Wochen geisterte immer wieder der Protest gegen Facebook durch die Röhren des Internet: “I deleted my FB account”. Für mich ist Facebook ein Werkzeug. Und ich traue den Menschen in meiner Umgebung zu, sich kritisch damit auseinanderzusetzen und es so zu benutzen, wie ich es tue: so viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Wie immer sehr lesenswert: danah boyd und Jeff Jarvis.

1) Die Veröffentlichung dieses und anderer Zitate aus dem noch nicht erschienen Buch ist ein PR-Stunt, nichts weiter. Natürlich benutzt man dafür starke, kontroverse Aussagen. Und ob David alle Aussagen und Beobachtungen tatsächlich zu einem Abbild der Realität vermengt, wissen wir auch nicht.

2) Ich kenne Thomas Crompton nicht, aber sein Interviewstil ist mir zu explizit. Das Videointerview ist trotzdem sehenswert.

Bild: Vorgeschlagen von Dirk :-)

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